LVS-GERÄT, SCHAUFEL, SONDE, MILCHPUMPE

Text: Izzy Lynch

Fotos: Zoya Lynch 

Meine Mutter fuhr mit nur halb über ihrem dicken Babybauch geschlossener Hose Ski – bis ein paar Tage vor meiner Geburt. Ich überraschte sie zweieinhalb Wochen vor dem Termin, am 5. Mai, pünktlich zum Saisonende 1985 in Lake Louise.

In ihren Augen war dieses Timing perfekt (abgesehen davon, dass sie den Saisonabschluss in ihrem Lieblingsskigebiet sausen lassen musste). Sie war die gesamte Saison Ski gefahren und im nächsten Winter wäre ich groß genug, um in der Kraxe zu sitzen. Ich würde die Samstag- und Sonntagnachmittage von dem sanften Rauschen ihrer Schwünge eingelullt auf ihrem Rücken verbringen, da war sie sich sicher.

Izzy’s Mutter, Sarah.

Vier Kinder und 5 ½ Jahre später stellte meine Mutter die Kombination aus Bergen, Familie und wöchentlichen Abenteuern noch immer nicht in Frage.

Freitagnachts, wenn wir schliefen, packte sie unsere Sachen und zählte Skischuhe, Handschuhe und die zerkratzen Skibrillen mehrmals nach, um nichts zu vergessen. Am frühen Samstagmorgen fuhren wir mit unserem alten, rostigen Transporter los. In den Ritzen der Sitze sammelten sich Buntstifte und alte Erdnussbutterbrote und, während wir von unserem Zuhause in Calgary nach Westen aufbrachen, tönte aus den Boxen die Hank Williams Kassette meines Vaters.

“Die Berge spenden mir Trost,” erzählte mir meine Mutter kürzlich, als ich sie fragte, warum sie das alles auf sich genommen hatte. Egal was passierte, ihr unerschütterliches Bestreben uns vor die Tür und an die frische Luft zu bringen schwankte nie. Woche für Woche nahm sie die Wäscheberge, das Ein- und Auspacken und all die Rennerei in Kauf. Und die Freude, die sie ausstrahlte, sobald wir alle auf den Brettern standen, steckte uns alle an.

Izzy beim Skifahren in Neuseeland – vor dem Baby.

Letztes Frühjahr durfte auch ich die sensationelle Erfahrung machen, mit einem Babybauch und nur halb geschlossener Skihose durch den Schnee zu gleiten. Wir haben unseren Sohn „Knox“ genannt, weil der Name „aus den Bergen“ bedeutet. Und das Timing seiner Geburt hätte nicht besser sein können. Ich ging davon aus, im nächsten Winter meine Skikarriere fortsetzten zu können und die Liebe zu den Bergen mit ihm zu teilen – so wie meine Mutter das mit mir getan hatte.

Was ich nicht erwartet hatte, war, dass es an so vielen Tagen an eine Heldentat grenzen würde, einfach nur das Haus zu verlassen, um zum Skifahren zu gehen. Ich habe nicht erwartet, dass ich morgens wahnhaft von unterbrochenem Schlaf aufstehen und mich fragen würde, ob ein Tag in den Bergen die ganze Organisation inklusive Milchpumpe wirklich wert ist. Auf der ersten Fahrt zu unserer Hütte, während ich Windeln, Schlafsäcke und genug warme Kleidung für ein fünf Monate altes Baby zusammen mit meiner Skiausrüstung, LVS-Gerät, Sonde und Schaufel in eine Reisetasche packte, dachte ich an meine Mutter. Heute bewundere ich es mehr denn je, dass sie das alles damals so locker mit vier Kindern bewältigte.

LVS-Gerät, Schaufel, Sonde, Milchpumpe, Baby.

Dennoch konnte ich dem Ruf der Berge in diesem Winter nicht wiederstehen und sobald ich auf meinen Skiern stand, waren die Erschöpfung und der ganze Aufwand sofort vergessen. Jeden Aufstieg, jeden Gipfel und jeden Schwung habe ich mehr denn je genossen. Die Erfahrungen, die ich mit Knox in den Bergen gemacht habe, gehören schon jetzt zu den unvergesslichsten Momenten meines Lebens. Ich verdanke sie meiner Mutter und ihrem unglaublichen Engagement uns zu vermitteln, dass man den Dingen, die man liebt, treu bleiben soll – egal was es kostet.

Izzy und Baby Knox

Izzy & Schwester Zoya drehen gerade an einem kurzen Film über die unwahrscheinlichen Umstände, die ihre Eltern zu Betreibern eines Backcountry Skigebiets gemacht haben. Außerdem arbeiten sie an einer von ihrer Mutter kommentierten Virtual Reality Experience über die Dinge, die sie von den Berge gelernt hat. Beides erscheint diesen Herbst!

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