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Eric Hjorleifson durchwühlt eine Fächermappe aus Plastik. “Ich weiß nicht, ob er hier drin ist”, sagt er. Aber seine Wohnung in Whistler ist perfekt organisiert – vom Ausrüstungszimmer, dem Zeitschriftenständer im Bad, den er in die Wand eingebaut hat, bis zu seiner legendären, total verrückten Werkstatt im Keller.

Er ist natürlich da. Genau da, wo er gesucht hat.

Eric zieht einen handgeschriebenen Brief von Michelle Parker aus der Mappe.

„Wer schreibt heutzutage noch Briefe?“, fragt er, betrachtet den Brief einen Moment und räumt ihn dann vorsichtig zurück in die Mappe.

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Parker und Hjorleifson filmen beide seit mehr als zehn Jahren mit Matchstick Productions. Das bedeutet, dass die beiden ziemlich viel zusammen skigefahren sind.

Sie kennt ihn, seit sie 17 ist. Damals waren beide neu in der Truppe bei den High North Summer Camps am Blackcomb Glacier.

„Sie war diese superjunge, supertalentierte, aufstrebende Skifahrerin“, erinnert sich Hoji. „Sie haben einen riesigen Sprung zum Filmen gebaut und Michelle hat es einfach so gemacht – und die drei größten Sprünge hingelegt. Das war wie… okay.“

„Er hat mich immer wahnsinnig motiviert“, sagt Parker, mittlerweile 30 Jahre alt. „Ich erzähle all meinen Freuden in Tahoe, dass ich fit sein muss, um mit Hoji beim Aufstieg mithalten zu können.“

Im Januar 2016 waren sie mit Matchstick Production bei Dreharbeiten für “Ruin and Rose” unterwegs. Parker hatte den ganzen November und Dezember hart trainiert und bei ihrer täglichen Skitouren-Runde im Backcountry von Squaw Valley einen imaginären Hasen gejagt. Als sie bei der Golden Alpine Holidays’ Sentry Lodge in den Selkirk Mountains, BC, ankam, fühlte sie sich fit und stark. Sie legten gleich los und tourten und filmten zwei Wochen lang.

Jeden Abend, nach einem langen Drehtag, zogen Parker und Hjorleifson nochmal alleine los. „Wir drehten eine große, ruhige Runde, nur für uns beide, jeden Tag. Eines Tages, auf dem Rückweg, hatte ich mich beim Aufstieg an seine Skienden geheftet.“

““Michelle,“ sagte Hoji. „Ich habe die ganze Tour versucht dich abzuschütteln. Jetzt werde ich langsam müde und du klebst mir immer noch im Nacken.“

Parker erinnert sich, dass ihr Herz einen Hüpfer gemacht hat: „JA! Endlich!“

„Es ist seltsam, wie sehr man nach der Anerkennung bestimmter Leute strebt“, reflektiert Parker. „Er kann sich wahrscheinlich gar nicht mehr daran erinnern, aber für mich war es ein besonderer Moment. Ich hatte mein Ziel erreicht.“

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Ein paar Tage später wurde Parker mit einem kaputten Knie vom Heli ausgeflogen.

Sie hatte hart gearbeitet und es sich dann selbst ausgeredet, einen Ruhetag einzulegen. Schließlich war es ein wunderbarer Tag, an dem gut gefilmt werden konnte und es waren neue, frische Athleten da und ein neuer Kameramann.

„Es war ein echt unspektakulärer Sturz nach hinten, den ich nicht abfangen konnte und bei dem ich mir das Knie verdrehte.“

Es war Januar und ihre Saison war vorbei.

„Ich flog in eine Stadt, in der ich niemanden kannte. Dort musste ich mich alleine damit auseinandersetzen ins Krankenhaus zu gehen, Röntgenuntersuchungen über mich ergehen zu lassen, irgendwie nach Hause zu kommen und die Truppe in den Bergen zurückzulassen. Hoji half bei der Bergung und kurz bevor ich ausgeflogen wurde, umarmte er mich und da musste ich sofort weinen. Es war wie „Nein! Ich will nicht weg von Hoji!“

Sie fuhr selbst nach Hause. Drei schmerzvolle Tage lang. Dann begann sie den Heilungsprozess.

„Ich erlaubte mir zehn Minuten lang zu weinen“, sagt sie. Nachdem ihr Spezialist sie angerufen und gesagt hatte, dass ihr wegen gerissenem Kreuzband und Meniskus zwei Operationen – im Abstand von drei Monaten – bevorstehen, stellte sie den Timer ein. „Ich kochte vor Wut. Ich war stinksauer. Ich schrie und fluchte.“ Dann, bei Minute sieben, rief eine Freundin an, die gerade den gleichen Prozess durchlaufen hatte. „Ich hätte den Anruf von niemand anderem auf der ganzen Welt entgegengenommen. Wir haben alles durchgesprochen und dann war ich darüber hinweg.“

Keine Tränen mehr. Fokus auf Heilung.

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Es ist ein Prozess. „Bei einer Verletzung geht es nicht immer nur bergauf. Man macht auch Rückschritte. Wenn man es schafft, positiv zu bleiben und sich auf das Ziel zu fokussieren, ist man für den Heilungsprozess gewappnet. Aber das ist leichter gesagt, als getan.“

Parker begann Ukulele zu spielen. „Ich brauchte eine Beschäftigung. Mit der Ukulele entdeckte ich eine ganz andere, lustige, künstlerische Seite des Lebens. Man nutzt ganz andere Bereiche des Gehirns. Es erfordert eine Menge Konzentration, gleichzeitig zu singen und zu zupfen.“

Und sie schrieb einen Brief an Hoji.

„So etwas habe ich noch nie bekommen“, sagt Hjorleifson.

„Jede Verletzung war für mich eine neue Lektion“, schrieb Parker, „Bei dieser geht es sicherlich um Dankbarkeit. Ich habe mehr von dir gelernt, als ich mir vorstellen konnte. Danke dir dafür, dass du mein Lehrer warst. Wir lassen es bald wieder gemeinsam krachen. Ich werde hart arbeiten müssen, um mithalten zu können. Du bist für mich wie die Karotte, der ich in den Bergen hinterherjage.“

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Im Januar 2018 waren Parker und Hjorleifson wieder zusammen in den Bergen, wieder in der Sentry Lodge, um eine Sequenz für „HOJI“, den neusten Film von Matchstick Production zu drehen.

Am letzten Tag sollte Parker eine ziemlich unkomplizierte Line fahren. Es war kein Problem für sie, aufzusteigen und diese Line zu fahren – aber Hoji hielt sie zurück.

„Ich kenne den Weg nach oben“, sagte sie.

Aber sie wartete.

„Er bestand darauf, die Spur zu legen und mich nach oben zu meiner Line zu bringen. Oben ging er mit mir die Abfahrt durch, während wir darauf warteten, dass das Kamerateam grünes Licht gab. In diesem Moment dachte ich, wow, Hoji war derjenige, der mich den größten Teil meiner Karriere begleitet hat. Als Frau in dieser Branche wollte ich mich immer beweisen. Und ich wollte mich vor Hoji beweisen. Mit ihm mithalten. Er ist jemand, der einfach nur gibt. Ich weiß nicht, ob er das überhaupt realisiert. Es war ein wunderbarer Moment.“

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