Text: D’Arcy McLeish. Fotos: Robin O’Neill.
Einmal war ich mit ein paar Freunden auf einer leichten Skitour im Backcountry von Blackcomb unterwegs. Wir befanden uns nur ein Stück weit außerhalb des gesicherten Bereichs des Skigebiets und stiegen zu einer der Varianten auf. Als ich um ein paar der Felsformationen kam, sah ich zwei Skifahrer am Ende des Aufstiegs sitzen. Es ist nicht ungewöhnlich, dort bekannte Gesichter zu treffen. Deshalb war ich neugierig zu sehen, wer es ist. Aber als ich auf die beiden zulief, fielen mir ein paar Dinge auf: Keiner der Skifahrer hatte einen Rucksack oder Skitourenausrüstung dabei – nur ihre an den Jacken befestigten Tageskarten flatterten im Wind.
Ja, ja, werdet ihr euch jetzt sagen, er fängt an sich wie einer dieser hochnäsigen Einheimischen zu verhalten, die denken, dass diejenigen, die die Gesetze des freien Geländes nicht kapieren, unbedeutendere Menschen sind. Das stimmt nicht, sage ich. Risiko ist eine komische Sache: Es ist etwas, über das die Leute nicht genug nachdenken – selbst unter Bergführern, Athleten und versierten Amateuren ist das so. Diese beiden waren so weit weg von einem Minimum an Sicherheit, dass es mich schauderte. Ich bezweifele, dass sie die potenzielle Gefahr hier draußen realisierten. Selbst für unsere „kleine“ Tour hatten wir die notwendige Sicherheitsausrüstung für einen Tag im Gelände dabei.
Risikomanagement in den Bergen ist ein heißes Thema. Die Leute vom Lawinenwarndienst, Bergführer, Sicherheitsexperten, Backcountry-Enthusiasten – alle sprechen sie von menschlichen Faktoren und Risikominimierung. Und das mit gutem Grund, besonders wenn man zwei Skifahrer in Erwartung einer coolen Abfahrt mit nichts als den Recco-Streifen auf der Jacke über einem Gletscher sitzen sieht. Was in diesen Diskussionen allerdings oft vergessen wird, ist, wie gefährlich das Gesamtpaket sein kann. In einer Lawine umzukommen ist nur eines der Probleme, um das man sich Sorgen machen sollte. Es sind vor allem die kleineren Dinge, die einen Skitag in eine tragische Katastrophe verwandeln können: ein verdrehtes Knie, ein verstauchter Knöchel, ein abgebrochenes Teil an der Ausrüstung, ein Fehltritt in der Aufstiegsspur. Auch diese kleinen Dinge können einem nicht nur den Tag verderben, sondern das Leben nehmen.

Lernen, sich in den Bergen sicher zu bewegen ist ein langer Weg. Es kostet nicht ohne Grund so viel Mühe die entlegenen Orte dieser Welt zu erreichen. So eine Unternehmung bringt euch zu wunderschönen Plätzen und verbindet euch auf eine besondere Art und Weise mit euren Freunden. Aber dieser Weg kann gefährlich sein. Für mich war er es: Ich wurde von meinem Ego angetrieben, meinem skifahrerischen Können – und einer totalen Abwesenheit von Backcountry-Kenntnissen. Ich war ein Idiot mit Attitüde. Das hat mich beinahe umgebracht und ich habe einige schreckliche Erfahrungen gemacht. Aber ich habe das Glück gehabt, lange genug zu leben, um zu lernen die Dinge richtig anzugehen.
Diese beiden Skifahrer werden auch Glück haben. Aber genau das ist das Problem. Sie werden gut nach unten kommen – und nichts aus ihrem Fehler lernen. Ich beobachtete ihre Abfahrt über den Gletscher, sah sie ein Couloir hochstapfen und zurück in die Sicherheit des Skigebiets gleiten – ohne etwas dazu gelernt zu haben. Wäre einer von ihnen gestürzt, hätte sich verletzt, wäre in eine Gletscherspalte gefallen oder in eine Lawine geraten – es wäre eine völlig andere Geschichte. So war es bei mir. Die ersten Schritte in ungesichertes Gelände sind schwierig. Als Neuling im Bachcountry wissen wir nicht, wie wir uns verhalten sollten. Und das Skifahren im Skigebiet hilft dabei wenig. Powdertage sind großartig, aber sobald der Schnee rund um das Skigebiet zerfahren ist, steigt der Reiz des Backcountrys.
Also, lernt die richtigen Fähigkeiten, um sicher ins Backcountry zu gehen – und lernt sie von den richtigen Leuten. Freunde können gute Lehrer sein, aber die Gruppendynamik kann über die Vernunft triumphieren und die menschlichen Faktoren sind umso stärker, je besser man die Leute kennt. Wenn man von einem Profi lernt, dessen Job es ist, die Leute in den Bergen am Leben zu halten, können wir einige der menschlichen Faktoren minimieren. Es beginnt mit einem Lawinen- und Erste-Hilfe-Kurs. Aber das ist nicht alles. So ein Kurs gibt euch nur die Schlüssel aber keinen Führerschein! Theoretisches Wissen ohne praktische Fähigkeiten kann gefährlich sein. Ein Lawinenkurs reicht nicht, um zu wissen, wie man mit Fellen aufsteigt, wie man eine schwierige Passage bewältigt und vermittelt nicht die Basics des Kletterns, Bergsteigens und der Seilrettung. Das ist nicht wichtig? Natürlich ist es das. Das ist der Grund, warum die vollständige Ausbildung zum Bergführer ungefähr zehn Jahre dauert – es ist ein Doktortitel im „sich sicher in den Bergen bewegen“. Wenn etwas nicht nach Plan läuft, braucht man in den Bergen diese fundierten Kenntnisse, um Leben zu retten. Das wichtigste dabei ist, dass das Erlernen dieser Fähigkeiten, einem die Augen für die vielen, kleinen Dinge öffnet, die in den Bergen schief gehen können.

Wir investieren gerne in teure Ausrüstung und neue iPhones, aber für eine professionelle Schulung geben wir nur widerwillig unser Geld aus. Eine Möglichkeit dafür gibt es diesen Winter in Jackson Hole, Wyoming. Arc’teryx arbeitet mit Exum Mountain Guides zusammen, um die Backcountry Ski- und Snowboard-Academy im kommenden Februar zu veranstalten. Sie ist anders als die meisten angebotenen Schulungen. Natürlich sind auch einige große Skifahrer dabei (Michelle Parker, Greg Hill, Eric Hjorliefson, um nur ein paar davon zu nennen) und es gibt Livemusik. Aber das ist nur Beiwerk – der Nachtisch sozusagen.

Der Hauptgang sind die Kurse. Die Guides von Exum, der ältesten Bergschule Nordamerikas, haben viel Erfahrung und kennen die Teton Range wie ihre Westentasche. Der Fokus der Kurse bei der Backcountry Academy liegt auf praktischen Fähigkeiten: Es gibt Einsteigerkurse für Ski- und Snowboardtouren und spezielle Kurse für Frauen, Kurse für Fortgeschrittene und Kurse für Leute, die bereits Grundkenntnisse mitbringen. Es werden Kurse im Skibergsteigen angeboten – für Einsteiger bis Fortgeschrittene – und Kurse, die spezielle Fähigkeiten wie das Abseilen in ein Couloir oder das Bewältigen einer schwierigen Passage vermitteln. Außerdem gibt es Kurse in Lawinenrettung und Spaltenbergung, um euch auf den Worst-Case vorzubereiten. Selbst der mürrischste Bergnarzisst wird etwas von der Backcountry Academy mitnehmen.

Lernt alles über Risiko und Schnee, aber nehmt euch auch die Zeit zu lernen, wie man die praktischen Dinge richtig macht: mit Fellen aufsteigen, abseilen, Spaltenbergung, am kurzen Seil gehen, heikles Gelände durchqueren oder einfach in den Bergen unterwegs sein. Diese Dinge sind die Realität. Sie werden euch Demut lehren, aber euch auch zu einem besseren Entscheider machen. Seid nicht einer dieser Idioten, die nur mit ihrer im Wind flatternden Tageskarte an der Jacke im Backcountry unterwegs sind. Lernt lieber, euch richtig zu verhalten, so dass ihr losziehen könnt, wenn frischer Schnee die Hänge bedeckt.
Powdert – aber sicher!
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D’Arcy McLeish lebt in Squamish, BC und ist Autor, professioneller Pistenpatrolleur, Bergretter, Kaffeeliebhaber und CBC-Hörer. Wenn er keiner dieser Tätigkeiten nachgeht, liest er, klettert oder ist mit dem Fahrrad unterwegs.
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