Text, Fotos und Film: Kieran Brownie
Ich lehne mich auf dem kleinen Standplatz zurück, um einen Blick auf Brette zu erhaschen. Wir sind noch immer von dem weichen Blau des frühen Morgenlichts umgeben. Die kalte Luft hat sich im Tal unter uns gesammelt und irgendwo dazwischen höre ich das metallische Kratzen von Steigeisen auf blankem Fels. Die Schlüsselstelle ist tückisch – ein heikler Aufstieg, genau dort, wo die Schneedecke dünn und der Fels glatt ist. Es ist ein Vergnügen, mit einem guten Freund in den Bergen unterwegs zu sein. Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit und für jedes kleine Detail eines Tages in den Bergen. Die Luft ist klar und still. Ich überlege, die ultraleichte Drohne in meinem Rucksack einzusetzen, aber ein wesentlicher Teil unseres Erlebnisses würde dem störende Geräusch zum Opfer fallen.

Wir leben in einer erstaunlichen Zeit. Mithilfe einiger Ausrüstungsgegenstände kann jeder eine Geschichte veröffentlichen. Wir besitzen die Freiheit, uns selbst auszudrücken. Egal, ob wir unsere Geschichte mit Worten, Bildern, Lieder oder Filmen erzählen, es ist immer ein Beitrag zu unserer gemeinsamen Mythologie. Diese Geschichten sind es, die wir zurücklassen. Es sind Bausteine für zukünftige Phantasien – und dafür bin ich bereit, Opfer zu bringen. Ich lehne mich auf meinem Standplatz zurück, damit die sich drehenden Rotoren der Drohne genügend Abstand zu Seil und Fels bekommen.

Als Kind waren Geschichten für mich ein Ort, der jenseits von Schule und Zuhause existierte. Ich bin diesem Gefühl seitdem immer gefolgt – indem ich mich in neue Gefilde vorgewagt und diesem elektrisierenden Moment ins Auge gesehen habe, der zwischen dem Altbekannten und dem Unerforschten liegt. Beim Klettern hat Sicherheit immer erste Priorität – aber die Bilder, nach denen ich suche, bestehen aus eingefangenen Augenblicken an dieser Grenze. Wenn uns die Umstände dazu zwingen, unsere Pläne anzupassen, ist es gut, wenn wir unser Ziel trotzdem erreichen. Aber es ist auch gut, wenn etwas nicht funktioniert – wenn wir umkehren müssen und den Gipfel nicht erreichen. Es ist leicht, seine Handlungen in Frage zu stellen, mit der Begründung, dass man es immer besser machen könnte. Aber nach einem anstrengenden Tag gibt es kein Interesse daran, zurückzukehren und irgendwelche kleinen Details zu ändern. Das Erlebnis ist wie es war – und deshalb ist es wunderschön und einzigartig. Das liegt an der Improvisation, denn in unseren Instinkten steckt Ehrlichkeit – wir können uns ja nicht vor uns selbst verstecken. In einer Welt, in der es so schwierig ist Wahrheit zu finden, halte ich es für wichtig, diese Augenblicke mit anderen zu teilen. Vielleicht inspirieren wir damit zukünftige Generationen, diese elektrisierenden Momente zu suchen und nach der eigenen Wahrheit zu verlangen.


Hinweis: Diese Bild entstand am Labour Day Peak. Am 3. Januar 2018 meisterten Brette Harrington und Kieran Brownie die erste Winterbegehung des Nordwestpfeilers und verbanden sie mit dem Nordostgrad von Station D.