Text von: Brigid Mander
Fotos von: Simone Schiess, Joseph Ong
Es ist Teil der menschlichen Natur sich aufgrund von Hindernissen oder Vorurteilen, auch wenn diese nur Einbildung sind, etwas nicht zu tun, obwohl es sehr reizvoll ist.
„Nee, das brauch ich erst gar nicht zu versuchen“, ist eine sichere Ausrede für viele. Glücklicherweise können diese Hindernisse durch einfaches Probieren, sich Herantasten oder mithilfe von anderen Menschen aus dem Weg geräumt werden.
Genau das ist passiert als der Kletterer Erik Adams, der in Boston (Massachuttes) lebt, eine Chance sah, zwei wichtige Teile seiner Identität zu kombinieren – die Community der Kletterer und die der queeren Gemeinschaft – und damit anderen zu helfen. Das Projekt QuICK für Queer Inclusive Climbing Klub (= queerer, inkludierender Kletterklub) bietet eine Plattform für Kletteranfänger und einen Treffpunkt für queere (= einer anderen als der heterosexuellen Geschlechtsidentität zugehörigen) Personen.

Erik zog 2005 für seine Ausbildung nach Boston und kam 2011 zurück. Er war schon während seiner High-School-Zeit in New Jersey geklettert und zog so von einer Bostoner Kletterhalle zu nächsten. Dort traf er 2016 zwei Mitarbeiter von „Brooklyn Boulders“, die QuICK gegründet hatten, um die queere Community anzusprechen. Erik gefiel die Idee, eine komfortable Plattform zum Klettern anzubieten, und machte bei dem Projekt mit. „QuICK wurde gegründet, um das Klettern zugänglicher zu machen und die Angst zu nehmen. So konnten viele Leute den Sport einfach mal ausprobieren und wenn sie Lust hatten, weitermachen“, sagt Erik. „Zu diesem Zeitpunkt war das Projekt sehr klein. Wir mussten uns Gedanken machen, wie wir es weiter ausbauen konnten.“
Um sowohl neugierige Anfänger als auch geübte Kletterer aus der queeren Community auf ihre Bemühung aufmerksam zu machen, baute Adam Beziehungen zu unterschiedlichen Hallen auf, organisierte Grillabende, gemeinsame Abendessen, Tausch von Ausrüstung, Verlosungen von Tageskarten und offizielle Vereinsmitgliedschaften (die Beiträge werden für die Website und die Unkosten der organisierten Kletterevents genutzt).
„Die Leute waren Feuer und Flamme und haben uns sehr ermutigt. Viele Nicht-Mitglieder waren interessiert und wollten mit uns klettern. Wir haben sogar eine Travestieshow als Spendenaktion organisiert, bei der sowohl schwule als auch heterosexuelle Mitarbeiter in Dragqueen-Kostümen mitgemacht haben“, sagt Erik lachend.

Alice Zhang kletterte schon, als sie Vereinsmitglied wurde, und ist seit 1,5 Jahren eine der wichtigsten Persönlichkeiten der regelmäßigen Climbing Nights. Aus ihrer Sicht hat der Verein viele unterschiedliche positive Auswirkungen.
„Unser größtes Ziel ist es, kompletten Anfängern zu helfen, als Kletterer aufzublühen und dann zu beobachten, wie der Sport zu einem Teil ihrer Persönlichkeit wird. Wir sind aber auch ein Berührungspunkt, ein erster freundlicher Schritt für Menschen, die herausfinden wollen, wer sie sind. Wir wollen ihnen helfen, eine Gemeinschaft und Freunde zu finden, auch wenn sie nur einmal zum Klettern kommen.“
Der Verein hat sich zu einer gemeinnützigen Organisation entwickelt. Laut Zhang sind immer rund 30 Personen dabei, wenn es an die Wand geht. Eine viel größere Fangemeinde verfolgt den Verein über Facebook und Meetup.
Auch wenn die Atmosphäre des Vereins eher zurückhaltend ist, hat er einen wahnsinnig großen Einfluss auf die Community. Für Meagan Sobel waren die QuICK Climbing Nights erst eine gute Möglichkeit, neue Leute zu treffen und die Kindheitserinnerung an Sommercamps aufleben zu lassen. So tauchte sie eines Abends als Beginnerin auf.
„Als ich zurück nach Boston zog, wollte ich Teil einer Community werden und habe nach einer positiven Veränderung gesucht. Also bin ich mal an einem Freitagabend zur Unterhaltung zu so einem QuICK Klettermeeting gegangen. Seither bin ich regelmäßig dabei.“
Heute hat Meagan ein kleines Arsenal an Kletterausrüstung zu Hause. Als Mitarbeiterin in einer lokal ansässigen Kreditgenossenschaft hat sie zudem die Rolle als Schatzmeisterin für den Verein übernommen.
„Ich habe so viel über mich gelernt und bin als Person gewachsen. Das habe ich QuICK zu verdanken“, sagt sie. Für sie und so viele andere ist das Klettern ein guter Weg, Teil einer größeren, stärkeren Gemeinschaft zu werden und Selbstvertrauen zu gewinnen. „Sogar für diejenigen, die nur ein- oder zweimal kommen, ist es ein wunderbarer, sicherer Ort. Man kann in einer wirklich positiven Umgebung, außerhalb des stereotypen Bostoner [kulturellen] Schimmels, etwas Neues ausprobieren und daran wachsen“, sagt sie.

Durch ihre Liebe zum Klettern und das Teilen ihrer Leidenschaft öffnen Erik und die engagierten Mitglieder des Vereins Türen und bauen gleichzeitig Barrieren ab. Sie bieten allen Mitgliedern der queeren Community in Boston Zugang zum Klettern, ohne Druck und Vorurteile. Der Verein arbeitet seit Beginn mit einem minimalen Budget. So trägt die diesjährige Spende über 25.000 Dollar von Arc’teryx enorm zu einer vielversprechenden Zukunft des Vereins bei.
„Dieser Zuschuss wird uns sehr viel bringen“, sagt Justen Proctor, der seit etwa einem Jahr mit QuICK klettert. „Es ist schwer, wenn man keine Mittel [zur Förderung des Vereins und der Klettermöglichkeiten innerhalb der queeren Gemeinschaft] hat“.
Der Verein hat Justen nicht nur geholfen, eine neue Leidenschaft zu entwickeln. Durch QuICK hat er Kontakt zu anderen Queer- und Klettergemeinschaften in Neuengland aufgebaut sowie Verbindungen zu Klettergruppen in anderen Ländern.
„Ich habe auf so vielen Ebenen Selbstvertrauen gewonnen“, sagt er. „Ich falle in viele Kategorien der Diversität. Ich bin ein farbiger Mensch, ich bin schwul und ich bin blind. Ich hatte also Schwierigkeiten, mit Menschen in Kontakt zu komme. Ich hatte immer das Gefühl, dass alle sagten: „Oh, da ist der Blinde, was machen wir jetzt mit ihm?“ Durch das Klettern hat Justen einen Ort gefunden, an dem all seine Communitys zusammen kommen.
Ein Partner ruft ihm Informationen über die Griffe und Tritte zu und hilft ihm so, sich an der Wand zurechtzufinden. Er hat schnell Fortschritte gemacht.
„Jetzt nehmen mich die Leute als einen starken Kletterer wahr. Ich bin sogar nach Austin (Texas) geflogen, um dort an einer Kletterveranstaltung für Schwule teilzunehmen. Als ich in Neuseeland war, nahm ich Kontakt zu einer Klettergruppe auf. Ich habe so viele tolle Menschen getroffen. Wenn ich nicht den ersten Schritt mit QuICK gemacht hätte, hätte ich mich nie wohl dabei gefühlt, so etwas zu tun. Ich fühle mich als Teil einer Gemeinschaft, in der nicht geurteilt wird.“
Es werden immer Mitglieder und Kletterer und der Verein entwickelt sich weiter. Neben der Möglichkeit, den Bekanntheitsgrad und das Angebot des Vereins zu steigern, sind finanzielle Mittel für die Einstellung zertifizierter Führer, die Bereitstellung von Ausrüstung und die Organisation von Klettertagen im Freien geplant.
„Ich freue mich sehr darauf, Menschen Zugang zur freien Natur zu bieten, die ihn sonst nicht hätten. Das ist etwas wirklich Wertvolles“, sagt Meagan. „Und anstatt um Spenden zu bitten, haben wir eine Möglichkeit, den Kletterhallen und dem Personal, die uns immer geholfen haben, zu helfen – jetzt können wir der Community etwas zurückgeben“, sagt Meagan.