CHARAKTERE | Jevon Zyp

Text: By Lisa Richardson. Fotos: Mattias Fredriksson. 

Das Rückgrat eines Catskiing-Unternehmens sind die Wege. Ohne diese Wege existiert kein Netzwerk – kein Nervensystem, kein Blutzyklus. Es gibt keine Turns, man kommt nirgendwo hin. Kein Spaß, völliger Stillstand.

Das macht den Wegebauer, der als erster in das Gelände vorstößt und diesen entscheidenden Zugang legt, zu einer Art orthopädischem Chirurg. Es ist ein Handwerk, das Mut, Finesse und Entschlossenheit erfordert.

Jevon Zyp hat Wege für Catskiing Unternehmen in ganz British Columbia angelegt – und ist einer der wenigen Leute, die wirkliches Geschick für dieses raue und schwierige Handwerk besitzen. Zyp ist am Fuß der Monashees geboren und aufgewachsen. Direkt nach der Schule hat er einen Job bei Monashee Powder Adventures angenommen und ein paar Snowboard-Sponsorenverträge hinter sich gelassen, um jeden Winter die Wege für das junge Unternehmen anzulegen.

Zyp hat ein Händchen für Maschinen. Im Alter von sieben Jahren bediente er bereits eine Baumrückmaschine für seinen Vater, der als Holzfäller arbeitete. Später legte er die Wege für Chatter Creek Snowcats an, bevor er sich nach Norden aufmachte, um ein eigenes Unternehmen aufzubauen.

2009 gründete Zyp, noch in seinen Zwanzigern, Skeena Cat Skiing, das einzige Catskiing Unternehmen im nördlichen BC und das zweitgrößte in ganz Nordamerika. Das Terrain umfasst 600 km2 perfektes, schneereiches Skigelände, das 24 Skifahrern pro Tag zur Verfügung steht. Seine Gäste übernachten in Wellblechhütten am Basecamp auf 1200 m Höhe, nur ein paar Schritte von den Cats entfernt. Zum Essen gibt es Lachse aus dem nahegelegenen Fluss und Desserts mit  Heidelbeeren, die in der Nähe gesammelt werden.

Es ist ein Unternehmen, das Zyp aus dem Nichts geschaffen hat, mitten in der Wildnis. In alter Goldgräbermanier hat er es Tag für Tag durch harte Arbeit und viel Passion in ein Millionen-Dollar-Unternehmen verwandelt. Jetzt, endlich in den schwarzen Zahlen, verbringt er seine Zeit damit, ärgerliche Anrufe seiner Bank abzuwimmeln und im Sommer die Wege von Büschen freizuhalten. So steckt er noch immer in alten Klamotten, macht sich noch immer die Hände schmutzig und investiert jeden verdienten Cent wieder in das Unternehmen. Er ist entschlossen, das Erlebnis für seine „Schnee-Freunde“ authentisch zu halten. Sie alle kommen aus Schweden, der Schweiz, Deutschland, Spanien, Frankreich, Kanada und dem Osten Nordamerikas nach Skeena, um den bodenlosen Schnee zu spüren und die unberührte Wildnis zu erleben.

Karla Charlton – Guide bei Skeena Catskiing.

“Ich wette, da wo du lebst hat jeder Berg einen Namen und wurde bereits von irgendjemandem bestiegen“, sagt Zyp, „Hier gibt es hunderte von Bergen, aber davon haben höchsten zehn einen Namen. Die Leute fragen mich die ganze Zeit, wie dieser oder jener Berg heißt?“ Zyp zuckt nur mit den Schultern. Er kennt seinen Besitz wie seine Westentasche. Aber die Berge dahinter sind ein Geheimnis. Unbestiegen und unbenannt.

Im Sommer sind die Berge voller Bären, Wölfe und sogar Vielfräße. Die berühmte Neuauslegung von Hugh Jackman besagt, dass ein Vielfraß ein Art Mutant ist, den man bekommt, wenn man einen Bär mit einem Wiesel kreuzt – nichts, was man gerne treffen möchte. “Sie sind verrückt“, sagt Zyp, „Diese Tiere können 65 bis 70 km pro Stunde zurücklegen. Vor ein paar Jahren hat ein Vielfraß am Chatter Creek einmal eine meiner Cats angegriffen.“ Während er mit einer seiner Maschinen mit angehängtem Schlitten an einem dieser Tiere vorbeifahren wollte, griff es an. „Es rannte mit vollem Tempo auf mich zu und versuchte mich durch die seitlichen Lüftungsöffnungen zu erwischen, zeigte seine Klauen, Zähne und alles.“ Es war ein nahes Treffen, eines, dass er nicht noch einmal erleben möchte. Aber der Respekt vor diesen Tieren bleibt. „Sie sind total verrückt. Es sind wilde Tiere. Auch wenn sie niedlich aussehen.“

Zyp hatte nie Angst vor neuen Herausforderungen. „Es ist nicht leicht einen Catskiing-Weg anzulegen. Wenn du ein Hasenfuß bist, kannst du es nicht machen. Du bewegst dich in Lawinengebieten. Du wühlst dich auf den Berg, reißt Bäume um. Du brauchst häufig mehr Dummheit als Cleverness für diesen Job.” Er legt das ganze Wegenetz von Skeena’s 40 km großem Catskiing-Gebiet eigenhändig und ganz alleine an. „Ich hatte kein Geld, um jemanden zu bezahlen, der auf mich aufpasst.“

Seine wilde Seite auszuleben ist allerdings nicht so laut wie man es sich vielleicht vorstellt. „Ich verbringe tausende von Stunden alleine in der Maschine. Man muss mit seinen eigenen Gedanken als Begleitung zufrieden sein. Nicht jeder kann das. Wer nicht damit klar kommt, wird wahnsinnig. All diese Leute, die ständig mit ihrem Handy herumspielen, versuchen nur ihre Gedanken zu blockieren, indem sie sich selbst ablenken. Einmal hatte ich Gürtelrose. Das war brutal. Der Arzt sagte, ich könne ein Virostatikum nehmen, das vielleicht hilft, vielleicht nicht. Ein richtiges Heilmittel gibt es jedenfalls nicht, man muss es einfach aussitzen. Das hat mich etwas gelehrt.“

Den Zen der Wildnis muss man sich schwer erkämpfen. Er entsteht aus der Weite, der Stille und dem vollen körperlichen Einsatz, etwas eigenes zu schaffen.

“Als wir dieses Gebiet entdeckten, gab es noch kein Google Earth“, sagt Zyp, „Wir haben über topografischen Karten gebrütet und Skitouren in das Gebiet unternommen. Manchmal habe ich zwei Snowmobile bekommen, um mich umzusehen. Eines Tages haben uns durch super engstehende Bäume geschlagen – das härteste Tree-Riding, dass ich je gemacht habe. Niemand war je hier gewesen. Das Gebiet war unberührt. Unerforschte Plätze zu finden? Das ist ziemlich selten.“

Als sie aus diesen Bäumen rauskamen und auf den Ort schauten, an dem heute das Skeena Catskiing’s Base Camp liegt, wusste Jevon Zyp, dass er sein Zuhause gefunden hat. Und dann ließ er es krachen.

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