CHARAKTERE | Brian Hall

Text: Lisa Richardson. Fotos: Mattias Fredriksson.

Die Welt ist zu laut geworden. Brian Hall hat ein Jahrzehnt damit verbracht einen Ort für Menschen zu bewahren, an dem man sich inmitten von Bäumen und Schnee erholen kann. An diesem Ort sind keine Maschinen erlaubt. Er denkt, das spielt eine wichtige Rolle für die psychische Gesundheit. Aber ein Erlebnis zu schaffen, bedeutet auch, es loszulassen. Die besten Abenteuer brauchen Freiraum, um sich selbst zu entfalten. 

Brian Hall scherzt, dass er eine grottenschlechte Schulbildung hat. Er saß im Klassenzimmer bis er fünfzehn Jahre alt war, danach hat er nie wieder einen Fuß hineingesetzt. Brian war weniger dafür geeignet den Lehrern zuzuhören als der Welt um ihn herum – und das ist er noch immer. “Ich bin jetzt vielleicht ein bisschen weniger widerborstig“, sagt er in seiner ruhigen, nachdenklichen Art. Er ist ein Mann, der mit Skiern kreuz und quer durch ganz BC getourt ist, aber nicht damit herumprahlt. „So bin ich nicht“, sagt er.

Man kann ihn nicht in eine Schublade stecken – seine Karriere hat ihn mit wechselnden Jobs durch ganz BC und Alberta geführt. Er hat als Immobilienmakler gearbeitet, als Angestellter von Parks Canada, als Pistenraupenfahrer, als Lawinenexperte und Gastwirt. Er ist ein begeisterter Leser, ein Familienmensch, ein fleißiger Arbeiter. “Viel von der Arbeit, die ich in meinem Leben gemacht habe, war körperlich anstrengend. Darauf bin ich stolz – zu schwitzen, Holz zu hacken.”

Selbst mit 67 drückt er sich nicht vor körperlicher Anstrengung – er ist Vorsitzender der Old Snagfallers, einer Gruppe freiwilliger Helfer, meist ehemalige Holzfäller, die im Sommer dabei helfen die Abfahrten am Smithers Ski Hill (jetzt Hudson Bay Mountain) herzurichten. “Das hilft unseren Enkeln ihre Zeit draußen zu verbringen. Aber es ist ziemlich schweißtreibend, die Säge zu schwingen und die Benzinkanister zu schleppen. Diese Arbeit bewirkt, dass sich meine Skitouren leicht anfühlen.“

Brian Hall, Forrest Coots, Silvia Moser und Jill Young bei einer Skitour in Hankin Evelyn, einer nicht-motorisierten Backcountry-Destination in der Nähe von Smithers, British Columbia, Kanada.

Hall liebt das Skifahren, seit sein Vater ihm – aus dem Blauen heraus – ein paar Ski gekauft hat. Er übte das Gleiten und Aufsteigen auf dem von Viehpfaden durchzogenen Hügel bei der Farm seiner Großeltern. Aber es ist die Friedlichkeit beim Skitourengehen, die ihm am besten gefällt. “Ich liebe es, draußen in den Wäldern herumzustreifen. Die Welt wird immer beengter. Und lauter. Die motorisierten Freizeitaktivitäten nehmen so stark zu. Eine wichtige Motivation, Hankin Evelyn zu schaffen, war, den Menschen einen ruhigen Ort zur Verfügung zu stellen.“

Silvia Moser stiebt durch den kalten Powder von Hankin Evelyn.

Das Hankin-Evelyn Backcountry Recreation Gebiet, das gemeinsam von der Bulkley Backcountry Ski Society, Recreation Sites und Trails BC verwaltet wird, ist das Ergebnis von Hall’s Engagement zur Bewahrung dieser Region. Es besteht aus einem Netz von Wegen, die Skifahrern offen stehen – mit der Garantie, dass keine Snowmobile ihre Spur kreuzen oder ihr Erlebnis stören.

“Heutzutage kannst du mit dem Dirtbike, einem Quad oder Snowmobile unterwegs sein wo immer du willst – und niemand sagt wirklich etwas dagegen. Ich wollte eine Art Kopiervorlage zum Schutz und zur Bewahrung einiger nicht-motorisierter Gebiete schaffen, in denen die Leute sich richtig erholen können. Es wäre ziemlich cool, einen Roadtrip durch die ganze Provinz zu machen und gleichgesinnte Leute in Hankin-artigen Skigebieten zu finden“, sagt Hall. Bisher hat noch niemand die Idee übernommen, aber das Model existiert.

Hall ist kein militanter Motorenhasser – er fährt gerne mit Freunden mit dem Snowmobile herum und liebt es seine Motorsäge einzusetzen. Aber er genießt auch den Frieden der Wildnis und möchte sie für jeden bewahren, der nach draußen geht, um Stille zu suchen.

“Einmal kam ein Snowmobilfahrer zu mir und fragte mich, was ich gegen die Schlitten habe? Bist du sauer, weil wir den ganzen Schnee zerfahren?“

„Nein“, sagte ich, „das ist es wirklich nicht. Ich schere mich nicht um die Spuren. Ich hinterlasse mit meinen Skier auch oft Spuren. Es ist der Lärm. Stell dir vor, du sitzt mit deiner Familie beim Abendessen, vielleicht sind sogar die Großeltern dabei und möchtest dich gerne unterhalten – und dann komme ich und schmeiße meine Motorsäge an. Wie fändest du das? Du weißt, wie sehr ich es liebe, mit meiner Motorsäge zu arbeiten? Aber wenn es direkt neben euerm Esszimmer wäre?“

“’Oh“, antwortete er, „ich habe es verstanden.“

Forrest Coots powdert in Hankin – ganz in Ruhe.

Mittlerweile leitet die Ski Society Hankin Evelyn und Hall ist einen Schritt zurückgetreten, ist nicht mehr so direkt involviert. „Wenn man etwas erschafft, kann ein ungesundes Gefühl von Besitz und Kontrollwunsch entstehen. Etwas loszulassen ist nicht einfach, aber es ist wichtig. Das neue Team wird eigene Ideen haben, das Projekt weiterzuentwickeln – und sie müssen die Freiheit haben, diese Ideen auch umzusetzen. Ich bin immer noch oft in Hankin unterwegs, säubere und repariere die Hütten. Und ich fahre natürlich Ski.“

Nach einem perfekten Skitag: Brian Hall bei der letzten Abfahrt im Gebiet von Hankin Evelyn.

Es ist so eine Sache, etwas aufzubauen – Projekte, Familien, Orte – man neigt dazu, diese Missionen mit all seiner Kraft zu fördern, um sie aufblühen zu sehen. In einer idealen Welt, gibt es einen ruhigen Platz, an den man gehen kann, ein Rückzugsort, an dem die Stille der Wildnis und die gedämpften Geräusche deiner eigenen Bewegungen die Gedanken in deinem Kopf beruhigen. In diesem stetigen Rhythmus bestehen die Dinge auf eine ruhige Art fort oder fallen von einem ab – alles was man erreicht, verloren, gelernt und vergessen hat, alles mit dem man in Verbindung steht und was man losgelassen hat.

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